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Die Schloßgemäldegalerie

Es ist allgemein bekannt, daß nicht nur in einem Fall die veralteten und nicht entsprechenden Installierungen unserer Schloßgalerien bis in die jüngste Zeit überlebten. Aber nur an wenigen Orten war der Widerspruch zwischen dem Wert der kulturellen Denkwürdigkeiten und ihrer ungeeigneten Präsentation so kraß wie in Český Krumlov. Dabei ist es nicht uninteressant, daß kritische Stimmen schon vor einhundert Jahren zu hören waren. So zum Beispiel bemerkte der Archivar Adolf Berger in

Schloss Český Krumlov, Gemäldegalerie

seinem Bericht vom 1.8.1884 über den Zustand der Schloßsammlungen, daß in der Galerie in Krumlov viele Bilder ohne systematische Anordnung sind. Diese lapidare Feststellung behielt ihre Gültigkeit bis zur Reinstallation im vorigen Jahr. In einer unübersichtlichen, chaotischen und fast zufälligen Anordnung füllte eine übermäßige Anzahl von Bildern (188 Stück) jeden freien Platz, und das nicht nur an den Wänden, sondern auch in den Spaletten der Fensternischen. Die Wände waren mit Bildern fast von der Decke bis zum Fußboden bedeckt. Es scheint, daß dieser Zustand schlimmer war als im 18. Jahrhundert und ebenso schlimm wie in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Kleinere Veränderungen wurden nur mit Rücksicht auf die Füllung der freien Flächen vorgenommen, ob es sich nun um eine weitere Zugabe oder um das Auswechseln von Bildern handelte. Das gilt auch für die Zeit nach dem Jahr 1945. Es ist natürlich, daß eine solche Überfülltheit und Unübersichtlichkeit zwischen den Besuchern und den Bildern eine Wand errichtet, die auch von den besten Erläuterungen des Begleiters nicht überwunden werden kann und außerdem nicht zur Sicherheit der Exponate beiträgt.

Eine weitere, nicht weniger bedeutende Unzulänglichkeit war die Verschiedenheit der ausgestellten Bilder, und das sowohl in stilistischer als auch in qualitativer Hinsicht. Die ausgestellten Werke entstanden in einer breiten Zeitspanne vom 16. bis ins 19. Jahrhundert und gehörten den verschiedensten Schulen an. Die alte Installierung bemühte sich nicht einmal um die Bildung teilweiser, stilistisch gleichartiger Gruppen. So hing zum Beispiel neben einem flämischen Stilleben aus dem 17. Jahrhundert eine italienische Komposition phantastischer Architektur aus dem 18. Jahrhundert, und das nicht aus Unkenntnis, denn beide Bilder wurden schon in alten Inventaren bestimmt. Diese Stil-Disparität war von Qualitätsunterschieden begleitet. Auch wenn wir wissen, daß man in einer Gemäldegalerie von diesem Typ nicht nur mit authentischen künstlerischen Werken auskommen kann und daß es unmöglich ist, eine vollständig ausgeglichene Qualität der Exponate zu erzielen, ist es doch unpassend, hier so schlechte Kopien zu plazieren, wie zum Beispiel einige Arbeiten von Sporkman. Noch ungünstiger wirkt es, wenn nebeneinander schlechte und qualitativ wertvolle Bilder aufgehängt werden. Beim Gesamtanblick kommt es dann zu einer gewissen Abwertung der guten Bilder, denn es herrscht ein insgesamt ungünstiger Eindruck vor. Weiter muß man in Erwägung ziehen, daß in den Depositarien in Český Krumlov und in Hluboká eine Reihe von Bildern guter und sehr guter Qualität zur Verfügung stand, die es verdienen in die Installierung aufgenommen zu werden. Dieser ungünstige Zustand der Gemäldegalerie in Krumlov stand übrigens auch im Widerspruch zu den Ergebnissen der archivalischen und kunsthistorischen Forschung, die gezeigt haben, daß der erhaltene Bilderfonds in seinem Kern ein bedeutendes historisches und kunsthistorisches Ganzes ist, das durch eine neue Installierung rehabilitiert werden muß. Der Ausarbeitung des eigentlichen Entwurfes dieser neuen Installierung der Schloßgemäldegalerie gingen ausgedehnte Vorbereitungsarbeiten voraus. Der Zweck war es, sämtliche zugänglichen Tatsachen festzustellen und auszuwerten, die eine optimale Auswahl der Exponate und ihre Plazierung ermöglichen würden. Neben der kunsthirstorischen Untersuchung der Bilderfonds der staatlichen Schlösser Český Krumlov, Hluboká und Třeboň war es vor allem eine archivalische Erforschung, deren Ziel es war, einen Überblick zu gewinnen über die Entstehung und Entwicklung der Schwarzenberger Sammlung, über die Veränderungen der Schloßgalerie in Krumlov und auch die Schicksale der einzelnen Bilder zu verfolgen. Wichtig war auch die Konzentration und die Auswertung des Vergleichsmaterials über die Art der Installierung von Gemäldegalerien im 17. und 18. Jahrhundert.

Schloss Český Krumlov, Gemäldegalerie, Heilige Familie mit dem hl. Franziskus, Kopie nach Petrus Paulus Rubens, Mitte des 17. Jahrhunderts

Die Entstehung der Galerie im Schloß in Český Krumlov in ihrer architektonischen Gestalt kann man wahrscheinlich schon in die Zeit der Eggenberger verlegen im Zusammenhang mit den in den Jahren 1682 - 1687 durchgeführten Bauarbeiten unter der Leitung des Baumeisters Jakub de Maggi. In den Archivquellen erscheint sie aber erst unter den Schwarzenbergern. So wird noch im Inventar aus dem Jahre 1724 die Galerie nicht ausdrücklich als Raum angeführt, umso weniger ihre Ausstattung. Wir finden hier nur eine Erwähnung über einen Gang, der aus der Galerie in den Garten führt (Verbindungsgang). In den Zimmern und auf den Gängen gab es damals 124 Bilder und 311 Stiche. Es scheint, daß die Errichtung der Galerie erst in die letzten Lebensjahre von Adam Franz zu Schwarzenberg fällt (1680 bis 1732). Das Inventar in Krumlov aus dem Jahre 1733 ist das erste, das eine Galerie mit reichhaltiger Ausstattung anführt. Der Titel "Neue Inventirung" und einige verzeichnete Veränderungen des vorherigen Zustandes deuten an, daß die Galerie in ihrem " definitiven " Aussehen schon vor dem Jahre 1733 entstand. Gleich in der Einleitung wird gesagt, daß nicht bekannt ist, wen die Porträts darstellen und deshalb werden sie nur in ihrer Anzahl angeführt so, wie sie an den Wänden hängen. Die Aufzählung beginnt - ähnlich wie in weiteren Inventaren - mit dem großen Doppelporträt der Fürstin Eleonore zu Schwarzenberg mit dem kleinen Prinzen von M. Hannel, das ungefähr in der Mitte der langen Wand gegenüber von den Fenstern hing. Dann folgt eine einfache Aufzählung in entgegengesetzter Uhrzeigerrichtung entlang der einzelnen Wände und ihrer Abschnitte. Die Bilder bedeckten sämtliche freie Flächen inklusive der Spaletten. Es waren - wahrscheinlich zusammen mit den Stichen - 236, außerdem hingen hier 10 Spiegel. Diese unglaublich hohe Anzahl zeugt nicht nur von einer sehr dichten Installierung, sondern auch davon, daß es dort zum Unterschied vom späteren Zustand weniger große Leinwände gab und mehr kleine Bilder (so hingen zum Beispiel oberhalb jeder Tür acht Bildchen). Umso mehr machte sich in der Installation das erwähnte Doppelporträt der Fürstin Eleonore mit Sohn geltend. Es bildete offensichtlich die Symmetrie-Achse der gesamten Installation und den zentralen Punkt der Galerie. Außer den Bildern gab es hier eine bedeutende Anzahl an Möbeln, Keramik, Glas und weiteren kunstgewerblichen Gegenständen. Die Inventare aus den Jahren 1733 und 1740 betonen besonders einen schwarzen Schrank (Vitrine) mit Vergoldung, in welchem sich verschiedene kleine Gegenstände aus Glas, Porzellan und Silber befanden, den Schlüssel hatte nur die Fürstin. Der Raum erfüllte also nicht nur die Funktion einer Gemäldegalerie, sondern auch eine Repräsentations- und Wohnfunktion, was zweifellos auch mit der sehr günstigen Plazierung der Galerie mit nach Westen gerichteten Fenstern zusammenhing. Es ist interessant, daß die Inventare aus dem 18. Jahrhundert in anderen Schloßzimmern keine kleinen kunsthistorischen Artefakte aufweisen. In der späteren Zeit sank die Anzahl der Bilder in der Galerie ein wenig. So waren zum Beispiel laut Inventar aus dem Jahre 1829 im Schloß in Krumlov insgesamt 488 Bilder, davon in der Galerie 189. Der Raum der Galerie war nur um etwas kleiner als im 18. Jahrhundert. Er wurde um einige Meter verkürzt durch den Einbau einer Treppe an der Ostseite.

Eine weitere wichtige Etappe in der Vorbereitung des Entwurfes für die neue Installierung war die Konzentration und die Auswertung zugänglicher Unterlagen über die Arten der Installierung von Galerien, namentlich in Mitteleuropa. Die Bezeichnung Galerie wurde ursprünglich wegen ihrer architektonischen Form benützt. Es war ein langer Raum, der die Teile des Renaissance- oder Barockpalastes verband, versehen mit einer Reihe von Fenstern und bestimmt für Festlichkeiten oder für die Plazierung von Kunstgegenständen. Die Bezeichnung ging dann auf die dort ausgestellten Sammlungen über. Eine Schlüsselstelle in der Entwicklung nimmt die Galerie des französischen Königs Franz I. in Fontainebleau (1528 - 1540) ein, an die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Galerien in Rom und in Florenz anknüpften, in den Jahren 1606 - 1607 die Galerie Karl Emanuels I. von Savoyen in Turin und die Galleria della Mostra, die in Mantua zwischen den Jahren 1592 - 1612 entstanden ist.

In zwei Galerien übereinander war die Sammlung von Lord Arundel plaziert, und das offensichtlich ohne weitere Programmelemente. Aus den Porträts beider Ehegatten, auf denen sie im Hintergrund der Galerie abgebildet sind (1618 von Daniel Mytens d.Ä.) kann man schließen, daß die untere Galerie den Bildern gewidmet war, die obere einer Sammlung von Plastiken: spätestens in diesem Augenblick kann von einer Gemäldegalerieund einer Statuengalerie gesprochen werden. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, daß gerade an der Wende des 16. zum 17. Jahrhundert das Wort Galerie zum Synonym für künstlerische Sammlungen im Allgemeinen wurde. Die Art der Anbringung der Bilder war sehr einfach, dabei aber ästhetisch wirksam. Die Paare kleiner Bilder an beiden Seiten der Portale ordneten sich der Längsachse des Raumes unter, je ein größeres Bild hing zwischen den Fenstern. Interessant war die Plazierung von Bildchen in den Spaletten der Fenster. Ihre Wirkung wurde bestimmt dadurch gesteigert, daß sie von den großen Bildern isoliert waren, sie erhielten selbständige, gut beleuchtete Flächen und die Breite der Spalette war proportional der Entfernung des Betrachters von diesen kleinen Bildern.

Die Galerie des Lord Arundel schließt die Renaissance-Etappe der Entwicklung ab. Aus dem 17. Jahrhundert blieb uns eine bedeutende Anzahl von gemalten Galerien erhalten, und das besonders in der flämischen Region. Mit diesen befinden wir uns aber in einer völlig anderen Welt der Ansichten und gesellschaftlichen Beziehungen. Auch wenn es sich bei einem Großteil davon um imaginäre, ideale Galerien handelt, äußern sich in diesen die Ansichten der Zeitgenossen über die Konzeption der Anordnung von künstlerischen Sammlungen. Diese Galerien, die alle das ursprüngliche architektonische Renaissance-Formation verlassen haben, zeichnen sich vor allem durch eine große Anzahl von Bildern aus, ja direkt durch Überfüllung der Wände. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts scheint noch die Renaisasance-Ansicht in Bezug auf Gliederung und Rhythmisierung der Wand zu überleben. Das äußert sich durch das Respektieren oder die horizontale Betonung und Unterdrückung der Symmetrie. Das bedeutet aber nicht, daß die Bilder nicht gut aufgehängt worden wären, manchmal in direkt raffiniert ausgeglichenen Formationen. Manche Kompositionen aus der Zeit um 1630 - 1640 verraten aber die wachsende Bedeutung der Symmetrie entlang der mittleren Achse, oft betont durch einen Kamin, eine Anrichte oder ein großes Bild. Die Mitte des 17. Jahrhunderts, dokumentiert zum Beispiel durch die Bilder Terniers in der Galerie des Erzherzoges Leopold Wilhelm, ist in installatorischer Sicht bedeutend als eine Zeit der nachdrücklichen Betonung der Symmetrie in der Anordnung von Bilder-Ensembles, so wie nach und nach die vereinheitlichenden und subordinierenden Tendenzen des gipfelnden Barock reiften. Dokumente aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zeigen Gemäldegalerien mit sämtlichen Zeichen der gereiften Barock-Komposition.

Auf dem Gebiet der mitteleuropäischen Kunst treffen wir auf gemalte Galerien sehr selten. Ein beachtenswertes Beispiel, und das gleich unter einigen Aspekten, ist die musikalische Unterhaltung von J.H. Schoenfeld aus der Zeit nach dem Jahr 1660. Zu ihr gehört ein nachträglich gemaltes Gegenstück von Jan Ongherse (nach 1691). Beide Bilder und auch einige darauf abgebildete Werke waren ursprünglich in der Vršovecer Sammlung in Prag, von wo sie im Jahre 1723 in das Eigentum der Familie Valdštejn übergingen und im Jahre 1741 in die Dresdner Galerie kamen. Die überdimensionierten Räume zeugen davon, daß es sich um eine zeitgenössische Darstellung einer idealen Galerie handelt, in welcher die Bilder ein einheitliches Ganzes darstellten mit gemalter und gestuckter Ausschmückung der Wände und der Decke. Der Grundsatz der Symmetrie wurde hier nachdrücklich verwirklicht nicht nur im Rahmen der einzelnen Wände sondern auch im Raum mit der Absicht, daß sich die gegenüberliegenden Wände gegenseitig entsprachen. Es ist interessant, daß in dieser idealen Galerie die Bilder verhältnismäßig frei aufgehängt wurden und, was die Größe anbelangt, in solchen Entfernungen vom Betrachter, daß alle gut zu sehen waren.

Schloss Český Krumlov, Gemäldegalerie, Italienische Palastarchitektur, Johann van Kessel d. J. ?, Johann Miele ?, 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts

Für die Entwicklung der großen Barock-Gemäldegalerien hatte zweifelsohne eine große Bedeutung die sog. Große Galerie im Schloß Salzdahlum bei Braunschweig. Sie entstand um das Jahr 1700 als erster großer in Deutschland für diesen Zweck errichteter Bau, ohne nur Verbindungsglied im architektonischen Komplex zu sein. Mit ihrem Ausmaß von 800 m2 war sie größer als der Spiegelsaal in Versailles. Ihre Abbildung hat sich leider nicht erhalten. Sie wurde installiert ohne Rücksicht auf den Wert der einzelnen Bilder. Jedes Bild mußte sich mit dem Platz begnügen, der ihm zugeteilt wurde in der dekorativen Prägung nach dem Format. Einzeln machten sich nur Bilder von besonders großem Ausmaß geltend, die die Mitten der symmetrischen Gruppierungen bildeten. Die Gemäldegalerie war nicht in das tägliche Leben ihres Besitzers eingegliedert, es wurde ihr eine eigene, selbständige Form der Existenz zuerkannt. Und gerade in dieser Verselbständigung der Salzdahlumer Sammlung kann man eine neue qualitative Stufe in der Entwicklung der Galerien erkennen.

Nicht nur in einer Richtung war für die Reinstallierung der Galerie in Krumlov die Galerie im Schloß Mosigkau (BRD) anregend, die im Jahre 1757 entstand und sich bis zum zweiten Weltkrieg in der ursprünglichen Gestalt erhalten hat. Obwohl die Bilder, versehen mit schmalen einzelnen Leisten, meistens mosaikförmig nebeneinander und übereinander gereiht waren, sieht es so aus, daß es nur ausnahmsweise zur Veränderung des ursprünglichen Formates kam. Der Grundsatz der Symmetrie wurde nicht vollkommen eingehalten, aber die Gruppen von Bildern auf den großen Flächen waren sorgfältig ausgewogen in Anbetracht ihrer mittleren Achse. In dem dunklen Teil der Wände zwischen den Fenstern sind Konsolentische angebracht, darüber hohe Spiegel und mit je einem Bild mit ausschließlich dekorativer Funktion. Die ästhetisch wirksame Gesamtheit wirkt auch in der jetzigen Rekonstruktion auf angenehme Weise und auch die individuellen Werte der Bilder kommen gut zur Geltung.

Nach dem Untergang der Galerie in Salzdahlum erhielt sich die Gemäldegalerie in Sanssouci in Potsdam als älteste selbständige Galerienarchitektur im deutschen Raum. Gleichzeitig stellt sie den Gipfel der spätbarocken Architektur diesen Typs dar. Mit dem Bau wurde im Jahre 1750 begonnen, die Installierung wurde im Jahre 1763 ausgeführt. Die Galerie setzt sich aus zwei Flügeln zusammen, verbunden durch den nicht allzu großen mittleren Saal (ursprünglich mit 9 Bildern). An den östlichen Flügel ist ein kleines Kabinett für kleine Formate angeschlossen. Die Galerie, deren jeder Flügel 26 m lang ist, hat nur an der südlichen Seite Fenster, die Bilder wurden an der gegenüberliegenden nördlichen Wand aufgehängt. Zwischen die Fenster wurden Möbel plaziert, vor allem Konsolentische. G. Eckardt führte in seiner Dissertation die Rekonstruktion des ursprünglichen Zustandes aus, die trotz ihrer schematischen Form sehr überzeugend wirkt. Der Grundsatz der symmetrischen Anordnung wurde mit Erfolg sowohl an den ganzen Wänden geltend gemacht als auch in kleineren oder größeren Gruppen von Bildern. Man kann auch von einer Symmetrie der gesamten Galerie sprechen mit der Symmetrie-Achse in der Mitte des Saales. Die Bilder mußten sich zwar der dekorativ aufgefaßten Gesamtheit unterordnen und dieser einen Teil ihrer individuellen Wirkung unterstellen, trotzdem aber wurde dem Betrachter eine ausreichende Möglichkeit zur Besichtigung der einzelnen Kunstwerke gegeben. Die Bilder waren ähnlich wie heute nur in zwei Reihen übereinander aufgehängt, in der oberen Reihe nur die großen Formate. Eine bedeutende Neuheit - vor allem im Vergleich mit Salzdahlum - war die Trennung der Malschulen in der Installation: im westlichen Flügel die Italiener, im östlichen die Niederländer, vor allem Flamen. Im Jahre 1764 hatte die Galerie 146 Bilder. Die ursprüngliche Galerie in Potsdam erfuhr viele Veränderungen. Ein Schema aus dem Jahr 1844 zeigt die Installation in einer ein wenig veränderten Gestalt. Die Barockprinzipien der Anordnung, namentlich die Grundlagen der Symmetrie, wurden in dieser Zeit schon nicht mehr so gründlich durchgesetzt wie im Jahre 1763. Die heutige Gestalt kehrte zum ursprünglichen Zustand zurück.

Abschließend zu dieser bei weitem nicht erschöpfenden Übersicht darf man die ehemalige Malteser Gemäldegalerie nicht vergessen, die sich leider an ihrem ursprünglichen Ort im Großpriorpalast in Prag und in ursprünglicher Gestalt nicht erhalten hat. Eine Fotodokumentation vom Ende der dreißiger Jahre zeigt ihr Aussehen in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Mit auserwähltem Geschmack wurden in dem nicht großen Saal 56 Bilder angebracht, einzeln eingerahmt von schmalen vergoldeten Leisten. Sie bildeten in verhältnismäßig dichter Reihenfolge symmetrische Gruppen, aber keines der Bilder verlor in diesem Zusammenspiel seine Individualität und Wirkung.

Nach dieser Übersicht kann man einige allgemeine Grundsätze formulieren, aufgrund deren in den einzelnen Phasen des Barock die Bilder an den Wänden herrschaftlicher, adeliger, manchmal auch bürgerlicher Galerien aufgehängt wurden. Ein gemeinsames Merkmal war die Bemühung, die Wände bis zur Situation eines gewissen horror vacui zu bedecken. Dabei ist es interessant, daß wir Belege einer mosaikförmigen Installation auf der einen Seite schon im 17. Jahrhundert finden (hier aber zum Großteil in imaginären gemalten Galerien), auf der anderen Seite namentlich dann in der Zeit des Rokoko. Beide Phasen unterscheiden sich aber qualitativ voneinander. Das Hauptunterscheidungsmerkmal ist das Maß der Vereinheitlichung aller Teile der Ausstattung und Ausschmückung der Galerie und ihre Unterordnung unter ein höheres Ganzes, vor allem die Architektur. Damit hängt mehr oder weniger die nachdrückliche Durchsetzung der Symmetrie des Ganzen und der Teile zusammen, nicht aber unbedingt die mosaikförmige Installation. Die optimalen Realisierungen zeichneten sich durch Harmonie und Gleichgewicht aus, wo in einem dekorativ wirkenden Ganzen der Wert der einzelnen Bilder selbst nicht beeinträchtigt wurde.

Schloss Český Krumlov, Gemäldegalerie, Blumenmarkt am Hafen, flämischer Maler aus dem 1. Viertel des 17. Jahrhunderts

Zu diesen Grundsätzen bekennt sich auch der Entwurf der neuen Installation der Gemäldegalerie in Krumlov. In inhaltlicher Hinsicht betont die neue Installation den historisch und künstlerisch wertvolleren Kern des erhaltenen Bilderfonds, d.h. besonders die Bilder flämischer Herkunft. Die italienische Malkunst, deren Präsentation sich drei Bilder durch ihre Qualität erzwingen, macht sich geltend in einem abgesonderten Teil der Galerie im nördlichen Abschnitt der westlichen Wand. Das ist der einzige Teil dieser ansonsten dunklen Wand, der ausreichend Licht bekommt vom nördlichen Fenster.

Aber auch in einer so auserlesenen Serie kommt es bei der Installation zu einer Differenz, die die Hierarchie der künstlerischen Werte respektiert, zum Beispiel durch selbständige Plazierung des Bildes von Willeboirts Mars und Venus an der kurzen Stirnwand oder durch Plazierung des Bildes Rinaldo und Armida vom Nachahmer A. van Dycks in der Mitte der östlichen Wand, d.i. ungefähr an jenen Stellen, wo im 18. Jahrhundert ein großes Doppelporträt von M. Hannel hing. Die gesamte ausgestellte Serie vereinigt sich so im Grund auf die Werke des 17. Jahrhunderts, als auch der überwiegende Teil der Sammlung entstand. Damit hing die Notwendigkeit zusammen, aus der Installierung weniger wertvolle Bilder zu entfernen (überwiegend Kopien), weiter sämtliche Bilder aus dem 19. Jahrhundert ohne Rücksicht auf ihren Wert und auch viele Werke kleineren Ausmaßes. In der Galerie werden anstatt der bisherigen 188 nur 48 Bilder mittleren und größeren Formates ausgestellt. Sie stammen alle aus der Installation und dem Depositarium des Schlosses in Krumlov bis auf sechs Leinwände, die aus den Depositarien des staatlichen Schlosses Hluboká hierher gebracht wurden. Diese Übertragung ist in Anbetracht der Zugehörigkeit der Bilder zu einem historischen Ganzen voll berechtigt.

Im teilweisen Einklang mit der ursprünglichen Art der Anbringung der Bilder, über welche uns wenigstens in Andeutung historische Quellen informieren, und laut allgemein gültigen Grundsätzen der Komposition der barocken Gemäldegalerien macht sich hier in der neuen Installation das barockhafte vereinheitlichende Prinzip der Symmetrie, Ausgewogenheit und geschlossenen Kompositionseinheiten geltend. In der Längsachse des Saales ist an seiner Stirnwand das erwähnte bedeutendste und größte Exponat angebracht - das Bild Mars und Venus von Willeboirts. Dieses Schlüsselwerk bindet und vereinigt gleichzeitig beide langen Wände der Galerie und beide kurzen Abschnitte der gegenüberliegenden nördlichen Wand. Ungefähr in der Querachse des Saales ist an der langen nördlichen Wand die große Komposition Rinaldo und Armida angebracht, die gleichzeitig zum zentralen Exponat dieser ganzen Wand wird. Sie bildet den Mittelpunkt und den Schwerpunkt der ganzen Komposition, obwohl diese Wand im Grunde gebildet wird von zwei ungleich langen Abschnitten, getrennt durch eine in den Gang führende Tür. Dazu, daß man symmetrische Figuren des Ganzen und der Gruppen bilden kann, "fehlt" an der östlichen Wand eine Tür. Es war notwendig sie durch zwei übereinander hängende Bilder zu ersetzen (a,b). Auf diese Weise wurde die östliche Wand in drei Flächen geteilt: den großen mittleren Abschnitt A und zwei kleinere, sich gegenseitig entsprechende Abschnitte B und C. Die große Gruppe der Bilder von A, plaziert ungefähr in der Mittelachse des Saales, wird zur Dominante und zum Zentrum des Gleichgewichtes für die kleineren Gruppen B und C. Durch ihre größere Masse, Qualität und Anzahl sichert sie den Zusammenhalt der ganzen langen Wand. So wie es in den Barock-Gemäldegalerien üblich war, kommt es hier zur Geltendmachung der Symmetrie auf einer doppelten Ebene, d.h. bei der Komposition des Ganzen und der einzelnen Teile. Die Bilder sind in zwei Reihen aufgehängt, unten die kleineren Formate für den Blick aus der Nähe, in der oberen Reihe die größeren Leinwände.

Schloss Český Krumlov, Gemäldegalerie, Pferdemarkt vor einer Festung, Sebastian Vranx, 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts

Die drei nicht beleuchteten Abschnitte der westlichen Front werden installationsmäßig auf ähnliche Weise behandelt wie in Mosigkau und Sanssouci. In dem oberen Teilen hängen Bilder mit überwiegend dekorativer Funktion, weiter rechnet der Entwurf hier mit Spiegeln, einem Tischchen und Sesseln. Auf diese Weise wird gegenwärtig wenigstens in Andeutung etwas aus der ursprünglichen reichhaltigen Möbelausstattung der Galerie erhalten bleiben.

Die Fensterspaletten bleiben leer, auch wenn dies nicht dem ursprünglichen Zustand der Galerie in Krumlov entspricht. In die Spaletten wurden aber ursprünglich nur kleinere Bilder plaziert, die den Blick aus der Nähe forderten, der Betrachter stand dabei in der Fensternische. Das ist aber im gegebenen Fall nicht möglich, sowohl aus betrieblichen als auch aus Sicherheitsgründen.

Die neue Installation bedeutet also im Grunde eine Rückkehr zu den barocken Grundlagen der Anordnung von Gemäldegalerien, nicht aber ihre mechanische Applikation. Wir bemühten uns besonders darum, daß die einzelnen Bilder im Kompositionsganzen nicht untergehen und daß die wertvollsten von ihnen in der Installation so plaziert werden, daß ihr Wert noch stärker betont wird. Die Stilgleichartigkeit der Gruppen ermöglicht es, daß die gemeinsamen Merkmale der künstlerischen Schulen und Richtungen deutlicher hervortreten ebenso wie das spezifische Gepräge dieser sehr wertvollen Sammlung.

(ma)