Schwarzenbergische Grenadiergarde
(Zum Jahr 1934)
Wer die Stadt Český
Krumlov besucht, vergißt bestimmt nicht, eine ihrer
Sehenswürdigkeiten zu besuchen: die schwarzenbergische herzogliche
Garde im zweiten Schloßhof der altertümlichen Burg. Als wäre er
plötzlich in vergangenen Zeiten: bei den uralten rosenbergischen
und eggenbergischen Kanonen wacht ein Grenadier in Militäruniform,
hinter ihm hängen an der Wand die alten Grenadiermützen, Gewehre
und Säbel. Es ist die einzige Privatwache in unserer Republik, und
bestimmt gibt es solche Wachen auch in der ganzen Welt nicht sehr
viele.
Der Ursprung der Garde liegt in den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts. Es hat sich eine Eintragung im herzoglichen Archiv erhalten, nämlich ein Brief des Oberst Ondřej Schwank-Frankstädter an den Hauptmann von Drahonice Záhorek vom 24. Juli 1704. Im Schreiben steht: "Seine fürstliche Gnaden (Adam Franz zu Schwarzenberg), unser gnädigster Herr hat uns zu Ihrer größeren Reputation auf dem hiesigen Schloß (d.h. Hluboká) seine Libquarde von wesentlichen 10 treuen Männern verursacht..." Deshalb sollte sich Záhorka in der Umgebung von Vodňany nach 10 starken Männern umsehen.
Es sollten vor allem ausgediente Soldaten sein, jedoch noch stark und ohne sichtbare körperliche Verletzungen, von großer Figur. Diese Garde hatte ihren Sitz in Hluboká im ersten Schloßtor, wo der jüngere Musketier und der Durchfahrer blieben. Und in Hluboká hatten die Grenadiere auch ihr Lazarett. Das war jedoch die alte Burg Hluboká, nicht das heutige Schloß, das an der Stelle der alten Burg durch Umbau in den Jahren 1840-1856 entstand. Diesen Umbau führten Graf Johann Adolf (1799-1888) und seine kunstliebende Gattin Eleonore durch. Dort also, im alten Schloß Hluboká lebten die Grenadiere; ihre erste Pflicht war es, auf Wache zu stehen. Dazu mußten sie fleißig mit der Waffe üben, ihr Arsenal gut verwahren und die Schanze um die Burg in gutem Zustand halten. Die Garde hatte jedoch noch weitere Dienstpflichten. Immer, wenn die Gräfin oder der Graf in eine Herrschaft in Böhmen kamen, marschierten dorthin in bestimmter Zahl auch die Grenadiere - zum persönlichen Dienst.
Damals war es auch mit dem Finanzwesen ein bißchen anders als heute. Der fürstliche Hof nahm die Kasse immer mit, und zu ihrem Schutz kamen dann besonders verläßliche Grenadiere nach Wien, um die Kasse von dort aus während der Reise zu begleiten. Und als im Jahre 1714 im Kreis Louny die Pest tobte, wurden 15 Grenadiere mit dem Hauptmann nach Postoloprty kommandiert, um die Stadt vor der Pestseuche zu schützen. Heute würde man sagen, sie sollten dort für Quarantäne sorgen. Und diese war sehr streng. Korrespondenz war verboten, Personenverkehr so weit wie möglich eingeschränkt, alle Wege und Stege wurden streng überwacht. Die Seuche breitete sich vor allem in Louny und Slaný aus, wir wissen jedoch nicht, ob die Pest vor den Grenadieren Angst bekommen hatte und Postoloprty aussparte. Eine Spezialität der Grenadiere war auch das Abbrennen von Feuerwerken. So wurde am 3. April 1732 in Český Krumlov unter Anwesenheit des herrschenden Fürsten und Markgrafen von Baden ein großes Feuerwerk veranstaltet, das 300 Gulden kostete. Bei den Festen war es damals üblich, daß große Feuerwerke und Illuminationen veranstaltet wurden. Die Grenadiere, die ein Handwerk gelernt hatten, konnten in ihrer Freizeit dieses Handwerk ausüben und so ein bißchen Geld zu ihrem Lohn verdienen. Ab und zu haben sie jedoch Probleme mit den Zunfthandwerkern gehabt. Einmal, als die Grenadiere schon in Český Krumlov waren, haben sich die dortigen Perückenmacher über einen Grenadier beschwert, der durch Krumlov spazierte und den Menschen die Perücken kämmte, wodurch er die echten Handwerker um ihren Gewinn brachte. Und so wurde diese Tätigkeit diesem Grenadier verboten mit dem Befehl, er solle mehr auf seinen Dienst achten.
Wie schon gesagt, waren es ursprünglich 10 Grenadiere, aber gleich im nächsten Jahr, 1705, waren es schon 24 Mann, ein Tambour, 2 Korporale und schon war unter ihnen sogar ein Leutnant. Ab 1706 wurde an die Spitze der Garde der Hauptmann Jan Jakub Muth gestellt. Diesen Hauptmannsrang behielt der Kommandeur der Grenadiere bis heute. Die Anzahl der Männer schwankte: z.B. im Jahre 1728 waren bei der Garde 35 Mann, 1732 wieder nur 10. Am meisten waren es im Jahre 1768: 49 Mann. Meistens zählten die Grenadiere gegen 25 Mann. Heute zählen sie 13 Mann.
Man muß auch sagen, wie die Garde angezogen war. Nach den Bildern, die im fürstlichen Amtsarchiv erhalten sind, haben die Grenadiere weiße Mäntel mit Schößen, blau unternäht, mit blauen Aufschlägen und Epauletten derselben Farbe, weiße Hosen, die in dunklen Gamaschen endeten, getragen. Über der Brust kreuzten sich zwei Riemen, aus denen Säbel und Patronen hingen. Auf dem Kopf trugen sie eine Grenadiermütze, die vorne ein Schild mit dem fürstlichen Wappen hatte, hinten war diese Mütze blau-weiß benäht. Später haben die Grenadiere grau-blaue Hosen bekommen, der Mantel blieb unverändert. Das war die große oder auch Paradeuniform. Die kleine Uniform war einfacher und wurde ohne die große schwere Grenadiermütze getragen. Die heutige Paradeuniform hat ebenso weiße Mäntel, jedoch ohne lange Schöße, grau-blaue Hosen, weiße Riemen mit Säbel und Patrone, Grenadiermütze. Die Grenadiere benutzen noch heute die alten Ladegewehre.
Als das Schloß Hluboká im Jahre 1742 von französischen Soldaten besetzt wurde, befahl Fürst Josef Adam, die Garde solle nach Český Krumlov versetzt werden. Da blieb sie bis heute. Die Arbeit der Grenadiere war ähnlich wie in Hluboká. Sehr häufig wurden sie als Wachen beim Flößen benutzt. Und jeder würde sich irren, der glauben würde, daß ihr Dienst immer leicht war. Sehr oft haben sie die Funktion echter Soldaten erfüllt. Im österreichischen Erbfolgekrieg zog ihr Hauptmann Dembecký mit der Hilfsmiliz, die auf der Krumlover Herrschaft aufgestellt wurde, bis Domažlice. Über seinen Zug gibt er am 15. Dezember 1744 dem Fürsten Nachricht, daß er die Position bei Domažlice, Klenčí, hält. Dort wurden Palisaden und Redouten gebaut. Er hatte unter seinem Befehl auch 300 Männer der Landesverteidigung zum Schutz der Übergänge. Am 27. Januar 1745 machten sie sich auf den Weg zurück nach Český Krumlov, und am 6. Februar waren sie dort. Die Grenadiere wurden sehr oft zu Sicherheitszwecken gebraucht, zur Eskortierung von Verbrechern, wobei es oft vorkam, daß ihr Leben bedroht war. Dies beweist auch die folgende Geschichte :
Am 20. Januar 1844 verfolgte die Militärwache einen gefährlichen Verbrecher und Mörder, Matěj Edra. Weil sie sich im Gelände nicht auskannte, wurde diese Wache um 6 Grenadiere verstärkt. Die Soldaten und Grenadiere teilten sich in Patrouillen zu 6 Mann, die den Mörder verfolgten. Eine von diesen Truppen, in der der Grenadier Jedlička war, erreichte in einem Schneesturm das Wirtshaus in Zátoň. In diesem Augenblick wurden sie von zwei Männern angegriffen und fingen an zu flüchten. Einer lief über den vereisten Fluß Vltava und rannte zum Dorf Elbenau. Dort betrat er ein Haus, wo aber eine ganze Bande von Schmugglern versteckt war. Und nun begann eine richtige Schlacht. Jedlička wurde am Knie verletzt und später wurde er - als er vor der Überzahl der Schmuggler den Rückzug antrat - mit Schrot in den Kopf getroffen, so daß er gleich in Ohnmacht fiel. Später wurde er zwar noch lebend gefunden, doch am 3. Februar erlag er seiner Verletzung.
Wenn wir schon verschiedene Geschichten erzählen, hier ist noch eine, deren Held noch heute lebt: Es war genau am 16. Juni 1866. Damals marschierte die 12. Kompanie des 11. Fußregiments vom italienischen Dorf Storo do Caffara gegen Garribaldis Truppen. Hauptmann Růžička befahl dem Hornisten František Luska, auf die nahegelegene Anhöhe zu gehen und dort das Signal zu blasen. Der Hauptmann Růžička beobachtete inzwischen das Terrain und wurde dabei vom Feind überrascht. Lusk wollte ihm helfen, aber da rannten plötzlich gegen den Hauptmann zwei gegnerische Offiziere. Lusk zog seine kurze Waffe und fing an, mutig zu kämpfen. Er tötete einen Offizier und der zweite wartete nicht auf das Ende. Růžička, durch Kampf und Wunden sehr geschwächt, sank zu Boden und der liebe Lusk mußte seinen Hauptmann auf die Arme nehmen und mit ihm bis ins Lager laufen. Als er jedoch nur eine kurze Strecke zurückgelegt hatte, traf er wieder zirka 10 Gegner. Der Hauptmann bat Lusk, ihn liegen lassen und sich selbst zu retten. Lusk war aber ein mutiger Soldat, wollte davon nichts hören und stellte sich couragiert auch gegen diese Überzahl. Er kämpfte tapfer, doch bald fiel er zu Boden und in Ohnmacht. Die beiden wurden festgenommen, behandelt und später gegen andere Gefangene ausgetauscht. Der Veteran ist bis heute sehr rüstig, sitzt gerne in der Sonne, raucht seine Pfeife, sogar sein Sinn für Humor verläßt ihn nicht. Und wenn ab und zu jemand von den Besuchern des Schlosses in Český Krumlov darüber nachdenkt, wie es möglich war, die großen Kugeln von den alten Katapulten in die engen Läufe der Kanonen zu laden - und ist gerade der alte Lusk in der Nähe, belehrt er solchen Besucher mit ernstem Gesicht, daß die Kugeln so lange kochen müssen, bis sie weich sind, daß sie in die Läufe "ladbar" sind.
Sie haben bestimmt von der fürstlichen Grenadiermusik gehört! Sie war weit und breit berühmt, sogar nach Č. Budejovice (Budweis) fuhr sie, um dort auf Bällen zu spielen. Noch berühmter waren die fürstlichen Bälle im Casino im Schloß, zu denen in ihren Kutschen die fürstlichen Beamten mit ihren Töchtern aus der weiteren Umgebung regelmäßig kamen. Bei der Musik der Grenadiere, in einen engen Raum im Kasinsky-Saal gedrängt, haben alle bestimmt sehr gut getanzt. Aber wo sind diese Zeiten! Heute träumen im Saal, wo früher die Masken tanzten und sich junge Burschen tummelten, ihren Traum über vergangene Zeiten lange Reihen von Schriftstücken des Zentralarchivs.
Um aber auch etwas über die Musik zu sagen: Ursprünglich waren bei der Garde nur ein Tambour und ein Pfeifer, die die Märsche spielten. So war es der Fall sowohl damals und auch zu Zeiten längst vor dieser Zeit, daß die Militärtruppen von einer uns fremden Kombination von Trommel und Flöte begleitet wurden. Natürlich wollte der Fürst nicht irgendwelche Hudler; und hat deshalb im Jahre 1713 einen Sonderpfeifer aus Wien zu sich gerufen. Dieser sollte den Tambour der Grenadiere die richtige Musik lehren. Die Pfeifer waren oft junge Burschen, meistens 14-jährig. So einen Jungen schickte der Fürst 1729 nach Wien, um dort zu einem guten Pfeifer zu werden.
Ein Pfeifer und ein Trommler, denken Sie, es reicht zu einer richtigen Musik nicht? Richtig, diese Musikanten dienten nur der Garde, der Fürst brauchte sie nicht zu seiner Unterhaltung. Das fürstliche Haus hielt sich eine eigene Hofkapelle, die sogar einen Musikdirektor hatte. Es würde zu weit führen, wenn ich über diese Kapelle sprechen würde - das ist ein selbständiges Thema. Ich sage vielleicht nur so viel, daß die Fürsten zu Schwarzenberg der Musik sehr zugeneigt waren. Fürst Josef hat selbst im Quartett Geige gespielt und Fürst Arnost, Bischof von Raab, war Komponist - er hinterließ auf dem Schloß Český Krumlov eine große und wertvolle Sammlung von Musikstücken. Zu älteren Zeiten wurden im Schloß oft Kantaten gespielt, deren Parts von Mitgliedern der fürstlichen Familie besetzt wurden.
Nach altem Brauch wurde oft auch während der Jagd gespielt. Die Gäste wurden mit besonderen Fanfaren willkommen geheißen, bei verschieden Typen von Jagden wurde dann unterschiedliche Musik gespielt. In dieser speziellen Jagdmusik wurden die Forsteleven ausgebildet, die dann eine besondere Jagdmusik der Fürsten zu Schwarzenberg darstellten. Diese Eleven wurden von ausgezeichneten Waldhornisten, Vater und Sohn Anton, unterrichtet. In den 50er Jahren besaß diese Jagdkapelle bis zu 35 Mitglieder. Die Ära von berühmten Jagden war jedoch vorbei, eine andere Zeit begann, die Eleven mußten sich mehr der Waldwirtschaft widmen als dem Hornblasen. Die Jagdkapelle wurde immer schwächer, bis sie einging. In dieser Zeit wächst jedoch am dem fürstlichen Hof eine andere Kapelle heran, nämlich die Grenadierkapelle.
In den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts befahl Fürst Johann Adolf zu Schwarzenberg, in die Garde sollen nur Menschen mit Musikkenntnissen aufgenommen werden, damit man eine Kapelle zusammenstellen kann, die während der Jagden auf Hluboká spielt. Im Jahre 1876 gab es 7 solcher Grenadiere. Das war in der Garde ein neues Element, die unruhige Zunft der "Freigaukler" - der Hauptmann hatte viel Sorgen mit ihnen, so daß er sich auch beim Fürsten beschweren mußte, sie spielten in Gaststätten, vernachlässigten die Musik, liefen in den Straßen herum, nach damaligem Brauch verschiedene Ständchen spielend.
Beide Kapellen, die eingehende Jagd- und die neu entstehende Grenadierkapelle "lebten" in den 70er Jahren einige Zeit nebeneinander, die Grenadierkapelle ergänzte jedoch immer öfter die Jagdkapelle, bis sie völlig ihre Funktion übernahm. Die ehemalige Hofkapelle ist längst verschwunden, die Jagdkapelle starb langsam, man kann sich also nicht wundern, daß dann die Grenadierkapelle für die gute Laune der fürstlichen Herrschaften und ihrer Gäste sorgte, besonders anläßlich der Jagden. Damals sang und spielte man vor allem abends nach Tisch, so gehen acht Uhr, im sog. Billardzimmer. Es spielten jedoch nicht nur Jagdhörner, deren Gebrauch doch ein bißchen begrenzt ist, sondern es wurden auch andere Instrumente benutzt - anfangs meistens eigene. 1886 wurden den Grenadieren die Waldhörner der ehemaligen Jagdkapelle übergeben. Dies bedeutete das Ende der Jagdkapelle. In diesem Jahr gab es in Český Krumlov 7 Waldhörner, 2 Ventilhörner, 2 Baritons, 2 Flügelhörner, 2 kleine Hörner F, 2 Bass-Waldhörner und 8 Jagdhörner. Auch die Grenadiere, die jetzt zu den Jagden die Fanfaren spielten, lehrte das Waldhornspiel Anton, der ehemals die Eleven gelehrt hatte. Es waren neu bearbeitete Fanfaren, vom Wiener Komponisten Schantl; diese Fanfaren werden bis heute gespielt.
Heute erntet die Grenadierkapelle nach vorübergehender Stagnation während des Weltkrieges dank dem fürstlichen Interesse wieder Ruhm. Es wurden neue Instrumente, neues Notenmaterial gekauft, neue Mitglieder engagiert und so wurde ein neuer Impuls für eine erfolgreiche Blütezeit gegeben. Eine interessante Neuheit und Zeichen der Zeit ist seit vorigem Jahr auch die Grenadierjazzkapelle, der aus Mitgliedern der Kapelle besteht. Kommen Sie im Sommer auf die Terrasse des Hotels Růže (Rose) und Sie werden mir bestimmt recht geben!
Saxophone, Piston, raffinierte Rhythmen von modernen Tänzen - wo seid Ihr Trommler und Pfeifer der fürstlichen Garde mit euren monotonen Liedern und Märschen!
(vhas)