Wandmalereien des III. Schloßhofes im Schloß Český Krumlov
Sämtliche Mauern, die um den III. Schloßhof des Schlosses Český Krumlov zentralisiert sind, schmücken gut erhaltene Renaissance-Malereien, mit denen der vorletzte Herrscher Wilhelm von Rosenberg das Schloß ausschmücken ließ in der Bemühung seine großherrschaftliche Residenz dem modischen künstlerischen Stil näherzubringen, mit welchem er sich bei seinen häufigen Auslandsreisen auf dem Gebiet Österreichs, Polens und des Heiligen römischen Reiches
deutscher Nation bekanntgemacht hatte, besonders aber während seines Aufenthaltes in Italien in den Jahren 1551 - 1552. An der Ausschmückung des Sitzes Rosenberg nahmen deshalb gleich mehrere italienische Meister teil. Gebunden durch die alte Burg und die finanziellen Möglichkeiten, vertraute der Herrscher das wichtigste Wort bei der Schaffung eines idealen Vorbildes eines Repräsentationspalastes keinem Architekten an, sondern einem Maler. Die Malereien auf dem Burghof entstanden zwischen dem Jahre 1577, als im Zusammenhang mit den Umbauten des Schlosses das Portal der neuen Durchfahrt durchgebrochen wurde, das die malerische Gliederung des Schloßhofes zerstörte. (Renaissance-Umbauten des Schlosses Český Krumlov).
Sämtliche Wände des
Schloßhofes sind von Sgrafittimalereien bedeckt, ausgeführt in den
drei Grundfarben verschiedener Steinarten - in Grau, Ocker und
Rotbraun, es fehlt auch nicht an ein wenig Schwarz. Die Sgrafitti,
also eine figurale und ornamentale Reißmalerei, gekratzt im
Verputz, war der typische Ausdruck der Renaissancekunst. Sämtliche
Wände sind von nachgeahmter Zeichnung von Quadermauerwerk bedeckt,
Bossage genannt. Unterhalb der Fenster verläuft ein breiter
Streifen und darauf wechseln steinerne Platten mit den Reliefen von
Trophäen und ovale Felder mit Figuralszenen, wahrscheinlich aus der
römischen Geschichte. Die Flächen zwischen den Fenstern des ersten
Stockwerkes werden gegliedert von Säulenpaaren, dazwischen sind
gemalte Nischen angebracht. In den Nischen sind die Gestalten der
sieben Planeten gemalt. Im Raum zwischen dem ersten und zweiten
Stockwerk sind durch Malereien nachgeahmte Steinplatten angebracht
mit den Reliefs von halb liegenden, halb sitzenden Gestalten,
gegenwärtig schon wenig deutlich. Es könnte sich um Gottheiten
handeln oder um die Darstellung der fünf Sinne oder Gewalten. In
den Nischen an den Wänden zwischen den Fenstern an der nördlichen
und südlichen Seite des Burghofes sind gemalte Büsten von
bedeutenden und bewunderten Persönlichkeiten zu sehen, an der
östlichen und westlichen Seite stehen Schmuckvasen. Die Fassade ist
oben abgeschlossen durch ein Band von dorischem Fließ, auf dem
Malereien von Steinplatten mit senkrechten Einschnitten abwechseln,
genannt Triglyphen und Metopen (Platten von viereckiger Form,
gefüllt mit Reliefs) mit dem Motiv von Maskaronen (plastisches
Motiv im Aussehen eines stilisierten Menschenkopfes), Tierköpfen
und Waffenteilen.
Die Wandmalereien haben eine tiefe symbolische Bedeutung, aber ihre Auslegung bleibt noch immer im Stadium von Vermutungen. Die gesamte umfangreiche Komposition der Malereien auf dem III. Burghof des Schlosses war eine der Arten, wie man die Kompliziertheit der damaligen Welt erfassen und künstlerisch ausdrücken wollte. Der Maler versuchte wahrscheinlich auf Wunsch des Bestellers oder nach eigenem Entwurf die Beziehung zwischen dem Menschen - dem Makrokosmos, vertreten durch die Sinne und Gewalten, und dem Universum - dem Makrokosmos, repräsentiert durch die Planeten, darzustellen, die nach den Vorstellungen der Renaissance das menschliche Leben beeinflußten sowie die Eigenschaften und das Handeln des Menschen und die auch die menschlichen Behausungen beschützten. Szenen aus der römischen Geschichte waren im 16. Jahrhundert in unseren Ländern sehr beliebt. Die Humanisten faßten sie als Bild der Tugenden auf, genau so wie die Büsten
bedeutender Persönlichkeiten. Meistens handelte es sich um berühmte Griechen und Römer, es fehlten auch ruhmreiche Italiener nicht. Der Maler versuchte die völlig glatten Wände des Schloßhofes zumindest durch gemalte architektonische Elemente zu zergliedern. Um eine symmetrische Ausgewogenheit zu erzielen, malte er an einigen Stellen Fenster mit einem dichten Netz räderförmiger Verglasung dazu. Von der Bemühung, den Schein einer wirklichen steinernen Fassade hervorzurufen, zeugten auch einige Vögel, die auf den gemalten Simsen angebracht sind. Der Autor wollte mit Hilfe der Malerei den Schein einer möglichst großen Plastizität, das Spiel der Kontraste hervorrufen durch Benutzung einer Kombination von konvexen Halbsäulen und einer Wand von vertiefenden Nischen, aus denen im Gegensatz abgerundete Statuen hervortreten.
Die Malereien auf dem Schloßhof werden dem Hofmaler der Rosenberger, Gabriel de Blonde, zugeordnet, diese Vermutung wird aber von keinen Archivquellen bestätigt und es besteht auch nicht die Möglichkeit des Vergleichs mit dem eindeutig bestätigten Werk des Malers. An der Ausschmückung des Schloßhofes nahmen wahrscheinlich mehrere Maler teil, von denen einer die Arbeit plante.
Das konnte Gabriel de Blonde selbst sein. Die Ausschmückung des Schloßhofes wirkt wie eine einheitliche Gesamtheit, in welcher sich die Details dem vereinheitlichenden Gedanken der fiktiven architektonischen Darstellung einer abgeschlossenen Räumlichkeit in der reichhaltigsten und logischsten Form unterwarfen.
Im Jahre 1997 wurden die Wandmalereien des III. Schloßhofes des Schlosses restauriert. (Restaurierung der Wandmalereien des III. Schloßhofes im Schloß Český Krumlov).
(mh)