Wappen im Areal des Schlosses Český Krumlov
In der neuen und neueren
Zeit orientieren wir uns bei Wohnhäusern nach den Hausnummern. In
der alten und älteren Zeit erfüllten diese Funktion die Hauszeichen
bzw. andere ikonographische Bezeichnungen, die in einer bestimmten
Beziehung zum Hausbesitzer standen. Eine bestimmte Analogie zu
diesen Hauszeichen sind auch Familienwappen der Besitzer von
Palästen, Schlössern und Burgen, die in vielen Fällen auch heute
darüber informieren, wem das Gebäude einst gehörte. Wenn hier
einige Besitzer wechselten, kann die kurze, in einen Stein
gemeißelte oder anders verewigte Historie des betreffenden Objektes
oftmals den Anhauch eines Rätsels haben, weil sich in unserer
Geschichte sehr viele Adelsgeschlechter abwechselten, und dieser
Menge auch die betreffende Anzahl der Familienwappen
entspricht.
Auf die Gewohnheit, sich in den Außenwänden des Wohnsitzes zu unterzeichnen, verzichteten auch nicht die Besitzer der Burg und des Schlosses in Český Krumlov. Wem die zweitgrößte tschechische Burg und das Schloß gehörte, ist bekannt. Sehen wir uns aber an, wo wir diese Unterschriften finden. Wenn wir vor dem Bärengraben und vor dem Eingangstor in den sog. Gardeschloßhof (heute der II. Schloßhof) stehen, haben wir fünf verschiedene Wappen vor uns. Um uns an die zeitliche Reihenfolge zu halten, werden wir uns zuerst dem kleinsten und ältesten, aber auch vielleicht dem schönsten und wertvollsten Wappen zuwenden, weil in -der Heraldik, der Wissenschaft von den Wappen, gilt, je einfacher das Wappen, desto älter ist das Geschlecht. In unserem Fall handelt es sich um eines der ältesten tschechischen Adelsgeschlechter - die Rosenberger, die Český Krumlov nach dem Aussterben der Herren von Krumlov, der Verwandten aus Witigos Stamm, erwarben. Das Wappen stammt aber aus einer viel älteren Zeit und es hat nicht die ursprüngliche Form. Den silbernen (weißen) Schild mit der roten fünfblättrigen Rose trugen alle Generationen der Rosenberger vom Beginn ihrer Existenz bis zur Mitte der 50er Jahre des 16. Jahrhunderts. Das vorletzte männliche Familienmitglied, Wilhelm von Rosenberg, begann nach dem Jahre 1556 ein modifiziertes Wappen zu benutzen, das die Form des Wappens der italienischen Familie von Orsini hatte. Aufgrund einer nicht belegten Behauptung über die Verwandtschaft mit dem genannten italienischen Fürstengeschlecht bemühte sich Wilhelm von Rosenberg um die Erhöhung des Ruhmes und Glanzes seines Geschlechts am Hof des königlichen Hauses von Habsburg, wo sich damals der fremde Adel durchzusetzen begann. Wilhelms Wappen ist durch einen goldenen Balken geteilt, auf dem manchmal eine schwarze Burg ist, das obere Feld ist silbern (weiß) mit der roten fünfblättrigen Rose, das untere Feld ist silbern mit drei schrägen roten Streifen. Das Wappen auf dem Stein der Umfassung des Eingangstores in den Schloßhof der Rosenberger Unteren Burg, des späteren Gardeschloßhofes, ist hier seit 1577. Das gleiche Wappen aus derselben Zeit verziert die Steinumfassung des Ausgangstores auf der Seite aus dem Schloßhof.
Über dem Rosenberger Wappen auf dem äußeren Torteil befinden sich die Wappen von Johann Anton I. von Eggenberg und seiner Frau Anna Maria, geboren Markgräfin von Brandenburg. Diese Wappen, die mit Hilfe einer besonderen Stukkaturmethode verfertigt wurden, ersetzten im Jahre 1646 die Marmorplatte mit dem zweiköpfigen Adel, dem Kaiserwappen, das hier auf Anordnung des Kaisers Ferdinand II. im Jahre 1620 eingesetzt wurde. Die nicht erhaltene Marmorplatte symbolisierte während der kurzen Zeit ihrer Existenz die Kaiserepisode in der Geschichte von Český Krumlov. Peter Wok von Rosenberg verkaufte
nämlich im Jahre 1601 die
Krumauer Herrschaft an Kaiser Rudolf II. von Habsburg, nach ihm
übernahm die Domäne Kaiser Matthias und Kaiser Ferdinand II. Der
letztgenannte widmete Český Krumlov im Jahre 1622 Johann Ulrich von
Eggenberg, um dessen finanzielle Forderungen zu bezahlen. Da sich
Johann Ulrich auf dem Krumauer Schloß fast gar nicht aufhielt,
hielt er es wahrscheinlich nicht für zweckmäßig, dort das
Familienwappen anzubringen. Sein Sohn Johann Anton hatte dort zwar
auch keinen ständigen Sitz, aber er machte die Unterlassung seines
Vaters wieder gut. Wenn wir mit der Stirn zum Tor stehen, haben wir
auf der linken Seite das Wappen der Eggenberger:
der in vier Teile geteilte Schild hat im ersten Feld fünf
fünfblättrige Rosen (Český Krumlov), im zweiten Feld einen Adler
mit einer kleinen Krone auf dem Kopf (Postojna in Jugoslawien), im
dritten Feld einen Anker (Ptuj in Jugoslawien), im vierten Feld ein
Rad (Radgona = Radkersburg in der Steiermark) in der Mitte den
Herzschild mit Raben mit kleinen Kronen auf den Köpfen, die in den
Schnäbeln eine Krone tragen (das ursprüngliche Wappen des Hauses
von Eggenberg). Das Wappen daneben gehörte den Brandenburger
Markgrafen: Das in zwei Hälften gespaltene und dreimal geteilte
Wappen hat im ersten Feld einen Löwen (Nürnberg), auf dem zweiten
bis neunten Feld wechseln sich der preußische Adler, der
Brandenburger Adler mit dem Vorpommerschen Greif, der Stettiner
Greif, Wendengreif und Kaschuber Greif, im elften Feld befindet
sich ein halber Löwe über einer Wand (Rügen), das zehnte und
zwölfte Feld sind Bilder - auf dem zehnten Feld hätte kein Bild
sein sollen, das Feld war einfach rot, auf dem zwölften Feld war
das Hohenzollernwappen (ein in vier Teile geteilter Schild - das 1.
und 4. Feld silbern, das 2. und 3. Feld schwarz). Das ist nicht
ganz genau, es enthält nicht alle Elemente des Wappens der
Brandenburger Markgrafen aus dem 17. Jahrhundert, wie wir sie auf
einem von den Siegeln der Ehefrau Antons I. von Eggenberg, Anna
Marie von Brandenburg, sehen können.
Die beiden letzten Wappen
vor dem Bärengraben befinden sich auf den Resten der Befestigung
aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts. Die Schilde mit Wappen sind
aus Terrakotta und sie sind auf diesem Platz seit 1743. Es sind
Wappen Joseph Adams
zu Schwarzenbergund seiner Ehefrau Maria Theresia, geborene von
Liechtenstein. Joseph Adam war der zweite Schwarzenberger auf dem
Krumauer Schloß nach seinem Bruder Adam Franz, der das Schloß im
Jahre 1719 von den Eggenbergern erbte. Wenn wir mit der Stirn zum
Bärengraben stehen, haben wir auf der linken Seite das Wappen der
Schwarzenberger
in seiner endgültigen Form: Das in vier Teile geteilte Wappen hat
im ersten Feld drei vertikale Streifen (das ursprüngliche Wappen
des Geschlechts von Seinsheim - Schwarzenberg), im zweiten Feld
drei Spitzen (Sulz in Deutschland), im dritten Feld eine brennende
Insel (Brandis in Deutschland), im vierten Feld den Kopf eines
Türken mit einem Raben (zum Andenken an den Sieg Adolfs zu
Schwarzenberg über die Türken), im ersten Feld des Herzschildes ist
ein Turm auf einem schwarzen Berg (Schwarzenberg in Deutschland),
im zweiten Feld sind drei Garben (Kleggau in Deutschland). An
unserer rechten Seite ist das Wappen des Hauses von Liechtenstein:
Der in vier Teile geteilte Schild hat im ersten Feld den
schlesischen Adler, im zweiten, neunmal geteilten Feld den Teil
eines Rautenkranzes (Sachsen), das dritte Feld ist rot - weiß (das
Gebiet von Opava), im vierten Feld ist ein Adler mit einer Krone
auf dem Kopf (Schellenberg in Deutschland), zwischen das dritte und
vierte Feld wurde ein Keil mit einem Jagdhorn eingeschoben
(Jägerndorf in Deutschland), das Herzschild ist mit goldener und
roter Farbe geteilt (das ursprüngliche Familienwappen der
Liechtensteiner).
Auf den ehemaligen Festungswällen befindet sich auf der rechten Seite des Terrakottawappens eine kleine Platte aus dem Jahre 1620 mit dem Wappen des Kommandanten der Kaisergarnison der Krumauer Burg in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges - Ferdinand Carrati von Carrara, die darüber informiert, daß der oben Genannte die angeführte Funktion einnahm.
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Das Wappen Wilhelms von Rosenberg aus der 2. Hälfte der 70er Jahre des 16. Jahrhunderts und die Wappen von Johann Anton von Eggenberg und Anna Marie von Brandenburg aus dem Jahre 1646 wiederholen sich in der oben beschriebenen Form über dem Eingangstor in den gedeckten Gang, der aus dem Gardeschloßhof in den dritten Schloßhof führt (der Gang, der den II. und III. Schloßhof des Schlosses Český Krumlov verbindet). Die Steinumfassung des Tores beim Ausgang aus dem Gang in den dritten Schloßhof ist mit dem Wappen Wilhelms von Rosenberg mit der angefügten Zeitangabe 1577 verziert.
Zwei steinerne fünfblättrige Rosenberger Rosen befinden sich auch am Fenster unter dem Dach über dem Tor in den gedeckten Gang aus dem Gardeschloßhof.
Der Erker aus dem Jahre 1513 auf dem vierten Schloßhof trägt die vier ältesten Wappen in der Krumauer Burg. Wenn wir uns mit der Stirn zum Erker umdrehen, haben wir zur linken Hand den Schild mit dem Wappen der Herren von Kravaře (umwundener Pfeil), in der Mitte das klassische Rosenberger Wappen, zur rechten Hand das Wappen der Herren von Pernstein (Auerochsenkopf). Das Rosenberger Wappen gehörte Peter IV. von Rosenberg, das Wappen von Kravaře seiner Ehefrau Eliška von Kravaře und das Wappen von Pernstein Peters nahem Freund und dem ehemaligen Vormund von Eliška - Wilhelm von Pernstein. Die Wappen von Kravaře und Pernstein sind auch in den Kragsteinen, die den Erker stützen, ausgemeißelt.
Über dem Ausgang aus dem Durchgang vom vierten Schloßhof in die Mantelbrücke ist ein großes Schwarzenberger Wappen aus den 60er Jahren des 18. Jahrhundert, als an der Spitze des Geschlechts Joseph Adam zu Schwarzenberg stand.
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(ak)