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Schloßbibliothek in Český Krumlov

Schlossbibliothek in Český Krumlov, Interieur Die ersten Erwähnungen der Schloßbibliothek in Český Krumlov stammen aus dem 14. Jahrhundert, eine größere Entwicklung der Buchkultur fing jedoch erst unter der Regierung von Peter IV. von Rosenberg an (1462-1523), der zusammen mit Bohuslav Hasištejnský von Lobkowicz in Italien studiert hatte und der in die Bibliothek aus Italien einige Erstdrucke mitbrachte. Europäische Berühmtheit erreichten die persönlichen Bibliotheken der letzten Rosenberger, Wilhelm von Rosenberg (1535-1592) und Peter Wok von Rosenberg (1539-1611). Während der ältere Wilhelm zum Schrifttum und zur Kultur eher die praktisch pragmatische Stellung eines Politikers und führenden Repräsentanten des böhmischen katholischen Adels hatte, wurde sein jüngerer Bruder Peter Wok von Rosenberg zu einem begeisterten Bibliophilen und schuf eine Renaissancesammlung von Büchern, die als Folge seines lebhaften Interesse an Lektüre entstand. Nach dem ersten Katalog vom Jahr 1573 enthielt diese Sammlung protestantische religiöse Literatur (Hus, Kalvin, Luther), aber auch die Dekrete des Tridentiner Konzils, Schriften über die Geschichte der europäischen Völker, aus der Belletristik z.B. die Kunst der Liebe von Ovid, reichlich illustriert Das Narrenschiff von Brandt oder die künstlerische Bearbeitung von Eulenspiegels Geschichten. Es fehlten nicht philosophische, rhetorische und juristische, naturwissenschaftliche und medizinische Schriften, ebensowenig auch praktische Bücher - wie z.B. über Turniere. Unter der Verwaltung des Rosenbergischen Archivars Václav Březan wurde die Bibliothek stark vergrößert, so daß sie an der Schwelle des 17. Jahrhunderts rund 11 000 Bände zählte, in den Jahren 1601-1602 wurde sie jedoch ins Schloß nach Třeboň gebracht. Aus diesem Grund wurde nach Eintritt der Eggenberger in die Herrschaft Český Krumlov im Jahre 1622 die Schloßbibliothek erneut gegründet.

Schlossbibliothek in Český Krumlov, Detail des Bücherfonds aus dem 17. Jahrhundert

Die eggenbergische Bibliothek auf dem Schloß Český Krumlov ist die Nachfolgerin der rosenbergischen Bibliothek und ihre Wurzeln reichen bis in die Renaissance. Ihr Gründer war Johann Ulrich von Eggenberg (1568-1634), ein Freund Wallensteins und österreichischer Diplomat, der von seinen Dienstreisen regelmäßig vor allem italienische und spanische Bücher mitbrachte. Seit 1583 hat er auf die Einbanddeckel und Vorsatzblätter seiner Bücher das Motto Homines sumus geschrieben und oft auch die Angabe, wann und wo er das Buch erworben oder gelesen hat, eventuell auch andere Bemerkungen. Aus diesen Angaben können wir entnehmen, wie sich die eggenbergische Bibliothek vergrößerte und welche Zusammensetzung sie hatte. Informationen über ihr Anwachsen unter der Herrschaft weiterer Eggenberger kann man ebenso aus Buchinventaren und Katalogen erhalten, die normalerweise nach dem Tode eines Mitglieds der Familie geschrieben wurden, denn die Bücher waren ein Bestandteil ihres persönlichen Eigentums. Das im Jahre 1649 nach dem Tode von Johann Anton I. von Eggenberg (1610-1649) verfaßte Inventar gibt 1060 Bücher an, die nach dem Format gegliedert wurden. Meistens handelt es sich um Bücher in spanischer und italienischer Sprache, lateinische Bücher gibt es nicht so viele, französische und deutsche Bücher gibt es sehr wenige. Es ist auch Fachliteratur und schöne Literatur vertreten - sowohl in der Originalsprache als auch in Übersetzungen. Erwähnenswert ist eine italienische Abhandlung über die französische Sprache Trattato della lingua Francesse et Italiana, die 1638 in Rom herausgegeben worden war und die mit einem heraldischen Supralibros gekennzeichnet wurde. Der Autor G. A. Longchamps widmete dieses Exemplar Johann Anton von Eggenberg, der zur angeführten Zeit kaiserlicher Botschafter beim Vatikan war.

Schwarzenberger Ex libris aus dem Jahre 1490 In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts vergrößerte sich der Bestand der eggenbergischen Bibliothek auf 2296 Bände, vor allem dank der Fürstin Marie Ernestine von Eggenberg, geborene Gräfin zu Schwarzenberg (1649-1719), Gattin von Johann Christian I. von Eggenberg (1641-1710), der die Verwaltung des Familienvermögens in Böhmen im Jahre 1664 übernommen hatte. Beide Eheleute hatten Interesse an der Kunst und haben in den 80er Jahren des 17. Jahrhunderts aus dem Schloß Český Krumlov einen schönen barocken Sitz gemacht, mit Hofmalern, Schloßkapelle, Barocktheater und umfangreicher Bibliothek. Marie Ernestine kümmerte sich um perfekte Einbände und schuf eine geschlossene barocke Sammlung, die bis heute im sog. eggenbergischen Saal nach ihrer Vorstellung geordnet ist. Es handelt sich um Bücher in weißen Ledereinbänden, die beidseitig mit vergoldetem Supralibros gezeichnet sind. Das Supralibros besteht aus den Initialen ME (Marie Ernestine) unter der Fürstenkrone. Die Bücher wurden nach den Sprachen in deutsche (A-632 Titel), französische (B-788 Titel), welsche (italienische) (C-557 Titel), lateinische (D-141 Titel), spanische (E-124 Titel) Exemplare geordnet und unter dem Zeichen F gibt es 54 geographische Titel. Jede sprachliche Sammlung ist weiter in 4-9 Unterkapitel nach Fächern oder Genres gegliedert. Der Zustand ist im handschriftlichen Hinterlassenschaftskatalog festgehalten, der in den Jahren 1719-1721 nach Vermögensübernahme durch Adam Franz zu Schwarzenberg (1680-1732) als Erbverzeichnis geschrieben wurde. Was die Themen betrifft, überwiegen in der eggenbergischen Bibliothek historische Schriften, Gegenwartsliteratur (Politik und Belletristik); was die sprachliche Seite betrifft, ist eine deutliche Orientierung auf romanische Sprachen spürbar.

Der wesentliche Teil des Buchfonds der heutigen Schloßbibliothek stammt aus der ursprünglichen schwarzenbergischen Bibliothek, die im Jahre 1839 von Wien nach Český Krumlov gebracht wurde. Gründer dieser Bibliothek war der Bruder von Marie Ernestine, Ferdinand zu Schwarzenberg (1652-1703), der seine Bücher mit dem Kupferstich eines heraldischen Exlibris mit dem Namen und Datum 1690 gekennzeichnet hat, auf dem Wappen und Schild von zwei Türken gehalten werden. Seine Nachkommen haben allmählich den Namen und die Jahresangabe geändert: Adam Franz 1704, Adam Franz 1712, Josef 1732, Josef Adam 1782. Mit schwarzenbergischen Exlibris vom Jahr 1712 ist z.B. die reich illustrierte und kommentierte Reedition der Ausgabe von La Duchet - Pantagruel von Francois Rabelais versehen, die in Amsterdam 1711 vom Verleger Henri Bordesius herausgegeben wurde. Das Leseinteresse der Schwarzenberger konzentrierte sich jedoch auf die Fach- und praktische Bildungsliteratur, am Ende des 18. Jahrhunderts waren von insgesamt 4606 Büchern nur 1765 Bücher Belletristik und Poesie. Den enzyklopädischen Charakter behielt die schwarzenbergische Bibliothek auch im 19. Jahrhundert, wo die Zahl der Bücher auf mehr als 18 000 Bände anstieg. Zu dieser Zeit änderte sich auch die ursprüngliche Übermacht von romanischer Literatur zugunsten deutscher Literatur. Die schwarzenbergische Bibliothek überstieg so die Möglichkeiten ihrer Inhaber und bekam einen universellen Charakter.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Bibliothek im heutigen Spiegelsaal (früher auch Kleiner Tanzsaal genannt) untergebracht, von dort wurde sie in den Jahren 1912-1913 in zwei Schloßräume gebracht, in den heutigen Runek-Salon und den Wappen-Salon. Hier wurde die Bibliothek vom Archivar Dr. Karel Tannich nach dem Muster der Berliner Universitätsbibliothek geordnet und mit einem Sach- und Autorenkatalog versehen. 1930 kam es zur Umsiedlung der Bibliothek in den vorderen Trakt der ehemaligen Burggrafschaft, wo sie bis heute in vier Sälen ist. Dank der Mitarbeiter des Nationalmuseums in Prag (Abteilung Schloßbibliotheken) wurde in den Jahren 1961-1964 ein vierbändiger Lokal- und Buchkatalog erarbeitet (Autoren Ivo Beneš und Václav Slanec), der 22 844 Inventarposten enthält. Die Zahl der Bände bewegt sich um 55 000. Der Bestand dieser Bibliothek - die nicht nur in ihrem Umfang, sondern auch in ihrem Inhalt zu den bedeutendsten und am besten erhaltenen Schloßbuchsammlungen bei uns gehört - dient zur Zeit vor allem zu Forschungszwecken.

(jr)