Die Geschichte des Maskensaales
Am Ende des 16. Jahrhunderts gab es im Residenzsitz der Rosenberger im Schloß in Český Krumlov drei große Säle, die den festlichen und gesellschaftlichen Ereignissen im Leben der Burgbewohner dienten. Einer dieser Säle, die sog. Wappenstube, hat sich bis in die heutigen Tage nicht erhalten. Die weiteren beiden kann man in unveränderter Gestalt noch heute zu sehen bekommen. Gegenwärtig sind sie bekannt unter der Bezeichnung Spiegelsaal und Maskensaal. Schriftliche Berichte über sie können wir bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts verfolgen.
Der heutige Maskensaal wurde ursprünglich Grüne Stube genannt. Die erste schriftliche Erwähnung über sie findet sich im erwähnten Verzeichnis des rosenbergischen Mobilienbesitzes aus dem Jahre 1545. In dieser Zeit diente dieser große Raum als Rüstungslager, es lagen hier unter anderem 56 komplette Ritterharnische, vordere und hintere Teile von Rüstungen für einhundert Fußknechte, 97 Helme, 97 große lange Büchsen, 145 Hellebarden, Rüstungen für eine größere Anzahl von Pferden und zwei Truhen mit verschieden Rüstungsteilen.
Die Regierungszeit der letzten Rosenberger brachte eine radikale Veränderung in der inneren Anordnung der Grünen Stube. Im Jahre 1600 waren die Wände des Raumes bedeckt mit Samt- und Damasttapeten in grüner Farbe in einer Anzahl von 9 Stück, an der Stirnwand hing das rosenbergische Wappen, umwunden von grünem Brokat und grünem Samt mit goldenen Fransen, an der Decke hingen zwei Messinglüster, oberhalb der Ebene der Tapeten hingen an den Wänden 27 Bilder und zwischen den Fenstern weitere 11 Bilder, der Raum war ausgestattet mit einem großen grünen Kachelofen, der von einem vergoldeten eisernen Gitter umgeben war. Der Saal hatte 12 Fenster "zwischen steinernen Säulen" (ein Teil führte auf den Mantel, ein Teil in den Schloßhof) und zwei Türen - eine war an der Stelle des heutigen Eingangs, die andere an der Stelle des heutigen großen Spiegels an der Südseite -, die in die Nachbarzimmer führten. In diesem schön geschmückten Saal fanden festliche Gelage statt, zum Beispiel das Hochzeitsfest des Rosenberger Höflings Adam Tuněchotský von Poběžovice am 5. Januar 1598, nachdem er mit Magdalena Kunášová von Machovice im benachbarten Saal, Palast genannt, vermählt worden war.
Inwieweit dieser Raum seines Inventars beraubt wurde beim Umzug des Peter Wok von Rosenberg im Jahre 1602, kann nicht genau bestimmt werden. Sicher ist aber, daß er auch in den darauffolgenden Jahren unter der ursprünglichen Bezeichnung als festlicher Speisesaal diente, was die Inventare aus dem Jahr 1602 bezeugen (Zelená Toflštubn), 1607 (Zelená světnice), 1614 (Zelená světnice)) und 1649 (Grünstuben). In den erwähnten Jahren gab es hier immer eine bestimmte Anzahl von großen Speisetischen, Stühlen und Bänken und es blieb dort der ursprüngliche grüne Kachelofen mit dem vergoldeten Eisengitter.
Die erste Veränderung der Bezeichnung können wir im Jahre 1664 registrieren,, als der Raum im Inventar bezeichnet wird als "großer Saal mit rosarotem Fußboden". Das Verzeichnis der Räumlichkeiten der Burg in Český Krumlov, das aus demselben Jahr stammt, bezeichnet ihn als großen rosaroten Saal. Im Jahre 1670 treffen wir das erste Mal die Bezeichnung "Hirschensaal". diese Bezeichnung hing mit der größeren Anzahl von Hirschtrophäen an den Wänden zusammen. Bis in die Mitte der 70er Jahre des 17. Jahrhunderts benützte man nebeneinander zwei Bezeichnungen - der rosarote Saal und auch der Hirschensaal.
Der letzte Eggenberger von Český Krumlov - Johann Christian - der auf seinem Sitz verschiedene Arten von Kunst pflegte, weihte den Hirschensaal dem Theater. Die erste Theatervorstellung fand dort im Jahre 1670 statt, und von 1675 bis 1686 fanden dann diese Vorstellungen regelmäßig statt. Eine Bühne wurde dort aber offensichtlich nicht fest installiert, denn der Saal diente auch bei anderen gesellschaftlichen Ereignissen. Oft treffen wir nämlich in den Buchhaltungsbeilagen auf Posten, die vom Abbau und Neuaufbau der Theatereinrichtung im Hirschensaal zeugen.
Im Jahre 1673 erwog Johann Christian I. von Eggenberg eine Neugestaltung des Hirschensaales nach einem Saal in Wiener Palast des Grafen Traun, die ihm wahrscheinlich bei einem seiner Besuche dort gefallen hat. Der Saal in Český Krumlov war aber viel größer als jener in Wien, seine Stuckausstattung konnte man im Hirschensaal übernehmen, der hatte laut Angaben aus dem Jahre 1673 folgende Ausmaße : Länge 13 Klafter 1 Fuß (etwa 25 m ), Breite 7 Klafter 1 Fuß (etwa 13,3 m), Höhe 3 Klafter 1 Fuß (etwa 5,7 m). Die großzügig geplante Rekonstruktion beschränkte sich im Jahre 1673 letztendlich auf das Auswechseln des Fußbodens. Der alte rosarote Fußboden (entweder aus Ziegelsteinen oder aus Marmor) wurde durch quadratische Steinplatten ersetzt. Ein Jahr später wurden dort gründlich die Bilderrahmen repariert ebenso wie die Hischköpfe, die das Trophäengeweih tragen.
Nachrichten über die geläufigen Reparaturen in diesem Saal aus den Jahren 1675 - 1686 erwähnen einige Male die Beschädigung des Interieurs bei Theatervorstellungen (zerbrochene Fenster, beschädigte Wände).
Im Jahre 1686 zerlegte der Schloßzimmermann sämtliche Theatereinrichtungen im "großen Theatersaal" und übertrug sie in das neu errichtete Theatergebäude (Hubwinde, Säulen, Szenen, Theatervorhang). Kurz darauf wurde der Saal gründlich repariert.
In der Mitte der 80er Jahre des 17. Jahrhunderts wurde im Saal eine neue Tür in den Gang, der ins Theater führte, durchgebrochen. 1703 wurde die Decke des Saales gefestigt durch das Einlegen von zwölf neuen Deckenbalken.
An der Wende des 17. zum 18. Jahrhundert fanden im Hirschensaal noch einige Male gelegentliche Theatervorstellungen statt, denn das ständige Eggenberger Theater war damals schon außer Betrieb.
Die Ankunft der neuen Besitzer brachte einen ungewöhnlichen Eingriff in die Interieure des Hirschensaales. Auf Wunsch von Adam Franz zu Schwarzenberg wurde im Frühjahr 1728 in die nordöstliche Ecke eine kleine Küche eingebaut für die persönlichen Bedürfnisse des Erbprinzen Josef Adam. Mit dem Bau wurde der fürstliche Baumeister Martinelli betraut. Es ist anzunehmen, daß für die Küche, in der geheizt werden mußte, der Kamin benützt wurde, der bis zu dieser Zeit den Rauch aus jenem grünen Kachelofen ableitete. Der ursprüngliche Ofen wurde damals mit größter Wahrscheinlichkeit auseinandergenommen. Die kleine Küche wurde zwar nach zwanzig Jahren aufgehoben, es blieben von ihr aber die neu durchgebrochenen Fenster in der nördlichen Wand des Saales und ein in den Hirschgarten ragendes Abfallrohr, das von einigen Historikern irrtümlicherweise in Zusammenhang gebracht wurde mit der ältesten rosenbergischen Bierbrauerei, die sie vollständig unlogisch an der Stelle des heutigen Maskensaales situierten.
Der Hirschensaal diente in jener Zeit offensichtlich wahrscheinlich als großer Lagerraum, was man aus der Beschreibung seines Inventars aus dem Jahre 1733 erahnen kann: ein weißer und ein brauner ausgestopfter Bär, ein närrisches Schränkchen, ein alter Billiardtisch, zwei große Vogelkäfige aus Draht, zwei alte Schränke, zwei alte Tische, 72 Hirschtrophäen, 17 unbedeutende Bilder und graphische Blätter.
In den Jahren 1747 und 1748 verlief die Gesamtrekonstruktion des Saales, deren Ergebnisse wir auch heute noch sehen können. Vor allem wurde die eingebaute kleine Küche abgerissen, die alten Fenster beseitigt und neue durchgebrochen, die Eingangstür sowie die Tür in den Gang, der ins Theater führt, vergrößert, die Tür an der Südseite zugemauert, der Steinfußboden wurde durch einen Holzfußboden ersetzt und es wurde die Galerie für die Musiker angebaut. Im Jahre 1748 schmückte der Wiener Maler Josef Lederer die Wände des Saales mit Gestalten aus dem Theatermilieu, was zum Anlaß zu seiner neuen Bezeichnung wurde - Maskensaal.
In den neu hergerichteten Repräsentationssaal wurden 5 Kristallüster übertragen aus anderen Schloßräumlichkeiten (dem Schlafzimmer der Fürstin, dem fürstlichen Vorzimmer, dem Eggenberg-Saal), an den Wänden wurden 15 vergoldete Eisenleuchter angebracht, 13 lange schmale und 13 runde Spiegel und ein großer Spiegel an der Stirnwand des Raumes.
Die aufwendige Herrichtung des Maskensaales in den Jahren 1747 und 1748 fällt in die Zeit der letzten umfangreichen Umbauten des Schlosses in Český Krumlov, als unter anderem auch der alte Spiegelsaal aufgehoben wurde (Geschichte des Spiegelsaales), die ehemalige Wappenstube.
(ak)