Das Schloß Český Krumlov im 19. Jahrhundert
Am Ende des 18.
Jahrhunderts kam es zu bedeutenden Veränderungen der
Lebenseinstellungen, Ansichten und Werte der Menschen infolge der
Ereignisse der französischen Revolution, der napoleonischen Kriege
und des Auftretens eines neuen Stils in der Kunst, des
Klassizismus. Alle diese Veränderungen erlebten auch die Enkel des
bedeutenden Barockedelmanns Joseph Adam zu
Schwarzenberg, die Brüde Joseph zu
Schwarzenberg (1769 - 1833) und Karl I.
Philipp zu Schwarzenberg (1771 - 1820). Beide Schwarzenberger
teilten im Jahre
1802 das Familieneigentum in zwei Teile. Der ältere Joseph
wurde zum Gründer der ersten Linie (Primogenitur), die auch
weiterhin als Hauptfamilienresidenzen die Schlösser Český Krumlov
und Hluboká besaß. Der jüngere Karl I. bestimmte als seinen
Familiensitz Orlík, wo seit dieser Zeit die zweite Linie des
Geschlechts der Schwarzenberger (Sekundogenitur) ihren Sitz hatte.
Karl I. von Schwarzenberg wurde als ein hervorragender Heerführer
und Diplomat in der Zeit der langjährigen napoleonischen Kriege
bekannt. Der ältere Joseph zu Schwarzenberg erhielt die
wirtschaftliche Prosperität des Schwarzenberger Dominiums während
der langen Kriegsjahre und auch nach der Teilung des
Familieneigentums auf hohem Niveau. Auf seinen Herrschaften begann
er, qualifizierte Fachleute für die Verwaltung und Leitung
besonders in der Land- und Forstwirtschaft auszubilden. Im Jahre
1800 gründete er die Forstschule in Zlatá Koruna (Goldenkron) und
ein Jahr später das
Schwarzenbergische Wirtschaftsinstitut direkt in den Räumen des
Krumauer Schlosses. Zu den sehr bemerkenswerten Werken technischen
Charakters gehörte der
Schwarzenberger Schwemmkanal, der unter der Regierung Josephs
zu Schwarzenberg beendet wurde. Man schwemmte dort das Holz aus den
Wäldern des Gebirges Šumava (Böhmerwald) bis nach Wien.
Josef zu Schwarzenberg erwählte zur Gattin Pauline zu Schwarzenberg, geborene von Ahrenberg (1774 - 1810), eine schöne, gebildete und kunstliebende Dame, die sich durch ihre Begabung zur Malerei auszeichnete. Sie entwickelte diese Fähigkeiten unter der Leitung des Schwarzenberger Hofmalers Ferdinand Runk. Das Leben der Fürstin Pauline wurde durch das tragische Feuer auf Napoleons Verlobungsball in Paris im Jahre 1810 beendet. Drei Söhne von Joseph zu Schwarzenberg und Pauline zu Schwarzenberg waren erfolgreiche Fortsetzer der Werke ihrer Eltern. Felix zu Schwarzenberg (1800 - 1852) wurde Offizier und anerkannter Diplomat und Politiker, der im Jahre 1848 die Stellung des Ministerpräsidenten in der Regierung des Kaisers Franz Joseph von Habsburg erreichte. Friedrich zu Schwarzenberg (1809-1885) wurde Priester, er wurde Salzburger Erzbischof und im Jahre 1850 Prager Erzbischof. Das erbliche Familieneigentum übernahm der älteste Sohn Johann Adolf II. zu Schwarzenberg (1799-1888) mit seiner Ehefrau Eleonora zu Schwarzenberg, geborene von Liechtenstein (1812 - 1873). Die Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahre 1848 brachte umfangreiche Veränderungen in der Wirtschaftsführung, die jedoch der Schwarzenberger Besitz unter der Verwaltung von Johann Adolf II. ohne Schaden durchmachte. Johann Adolf II. suchte neue unternehmerische Möglichkeiten im Glashüttenwesen und auf dem Gebiet des Eisenbahn- und Flußverkehrs.
Johann Adolf II. und seine Gattin Eleonora besuchten einige Male England, das für beide zur Quelle unendlicher Inspiration wurde. Nach dem Vorbild der englischen spätgotischen Windsorresidenz ließen sie das Schloß in Hluboká im modischen neugotischen Stil umbauen, und in der Mitte des 19. Jahrhunderts siedelten sie dorthin für immer über. Die Bautätigkeit im Schloß in Český Krumlov und in der Stadt wurde beendet, und das Schloß blieb leer. Während des 19. Jahrhunderts kam es im Burg- und Schloßkomplex zu keinen bedeutenden Exterieurumbauten. Viele Innenräume wurden im modischen historisierenden Stil ausgestattet.
Die Interieure des 19. Jahrhunderts in ihrem ursprünglichen Zustand sind heute ein Bestandteil der II. Besichtigungstrasse des Schlosses Český Krumlov und sind den Besuchern zugänglich.
Weitere Informationen :
(mh)